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Details zu Inventarnummer: 4700017
Titel:Im Atelier
Objektbezeichnung:Gemälde
Sammlung:Südtiroler Landtag
Hergestellt von:Plattner, Karl (Mals, 1919-02-13 - Mailand, 1986-12-08) GND Ulan Wikidata Benezit
Datierung:1975 — 1976
Beschreibung:Innenraumansicht des Künstlerateliers mit zwei Hockern, einer umgedrehten, am Boden abgestellten Leinwand, und weiteren Utensilien wie Farbtopf, Pinsel sowie Zeitungen und Skizzenheften, die über den mit bräunlichen Fliesen bedeckten Boden verteilt sind.
Historische-kritische Angaben:Karl Plattner
Plattner war bei politischen Aussagen in seiner Kunst zurückhaltend. Visuell laute Aussagen lagen ihm nicht. Und doch gibt es sie, oft erst auf den zweiten Blick erkennbar. Sein bemerkenswertes Bild „Atelier“ aus den Jahren 1975 – 1976 ist eine solche Aussage. Zuerst fällt auf, dass es streng zentralperspektivisch, wie ein Renaissancebild strukturiert ist. Der Raum mit Streulicht ist hell erleuchtet. Schatten sind weder am Boden noch an den Gegenständen zu erkennen. Licht als Fundamentalkraft des Künstlers. Exakt auf der Mittellinie im Zentrum steht jener Stab mit Farbresten an die Wand gelehnt, den die Freskomaler verwenden, um die malende Hand abzustützen, die präzisen Pinselstriche ruhig ausführen zu können und natürlich, um die Hand nicht über mehrere ermüden zu lassen. Der Fluchtpunkt entlang dieser Linie ist weit außerhalb. Klar ist, dass die künstlerische Arbeit im Zentrum steht. Rechts davon lehnt professionell mit der Vorderseite zur Wand. Am Boden liegt ein Meterstab, der Garant für Maß und Zahl ist. Darauf liegt ein breiter Pinsel, wie er für das Grundieren oder sehr große Malflächen verwendet wird. Das Grundieren war für Plattner ein wichtiger Auftakt zum Aufbau des Bildes. Von da an begann der bisweilen zähe Bildfindungsprozess Schicht um Schicht. Eine Ablage mit einer Dose und Tuch gehört zum Alltag. Am Boden sind wie zufällig Zeitungen und Zeitschriften verstreut. Der Schaffende muss informiert sein. Eine aufgeschlagene Seite zeigt einen Rückenakt Plattners. Der Künstler muss natürlich danach trachten, dass seine Medienpräsenz mit Qualität gewährleistet ist. Wie zufällig liegt eine Zeitung vom linken Bildrand überschnitten oberhalb der Signatur. Von der Schlagzeile sind nur noch die Buchstaben „LOCKH“ zu lesen. Aber damals zumindest wusste jeder, was damit gemeint war: ein Verweis auf eine der größten Affären politischer Korruption der 1970er-Jahre. Ein Untersuchungsausschuss des US-Senats fand 1975 – 1976 heraus, dass Mitglieder der Geschäftsführung des Flugzeug- und Rüstungsunternehmens Lockheed gewaltige Bestechungssummen an Politiker mehrerer Länder gezahlt hatten. 1976 konnte die Summe von 22 Millionen US-Dollar konkretisiert werden. Vor allem in Italien, Deutschland, den Niederlanden und Japan wuchs sich das zu handfesten Skandalen aus. Was wie eine scheinbare Nebensache hier liegt, ist gleichsam Teil eines Mahnbildes eines Künstlers an die politische Elite, insbesondere, wenn das Bild im Südtiroler Landtag hängt. Das Atelier des Künstlers ist zugleich der Ort, Stellung zu beziehen.
(Markus Neuwirth, Karl Plattner und die Wandgemälde im Südtiroler Landtag, in: Kunst im Südtiroler Landtag, Bozen 2024, S. 94-100.
Plattner war bei politischen Aussagen in seiner Kunst zurückhaltend. Visuell laute Aussagen lagen ihm nicht. Und doch gibt es sie, oft erst auf den zweiten Blick erkennbar. Sein bemerkenswertes Bild „Atelier“ aus den Jahren 1975 – 1976 ist eine solche Aussage. Zuerst fällt auf, dass es streng zentralperspektivisch, wie ein Renaissancebild strukturiert ist. Der Raum mit Streulicht ist hell erleuchtet. Schatten sind weder am Boden noch an den Gegenständen zu erkennen. Licht als Fundamentalkraft des Künstlers. Exakt auf der Mittellinie im Zentrum steht jener Stab mit Farbresten an die Wand gelehnt, den die Freskomaler verwenden, um die malende Hand abzustützen, die präzisen Pinselstriche ruhig ausführen zu können und natürlich, um die Hand nicht über mehrere ermüden zu lassen. Der Fluchtpunkt entlang dieser Linie ist weit außerhalb. Klar ist, dass die künstlerische Arbeit im Zentrum steht. Rechts davon lehnt professionell mit der Vorderseite zur Wand. Am Boden liegt ein Meterstab, der Garant für Maß und Zahl ist. Darauf liegt ein breiter Pinsel, wie er für das Grundieren oder sehr große Malflächen verwendet wird. Das Grundieren war für Plattner ein wichtiger Auftakt zum Aufbau des Bildes. Von da an begann der bisweilen zähe Bildfindungsprozess Schicht um Schicht. Eine Ablage mit einer Dose und Tuch gehört zum Alltag. Am Boden sind wie zufällig Zeitungen und Zeitschriften verstreut. Der Schaffende muss informiert sein. Eine aufgeschlagene Seite zeigt einen Rückenakt Plattners. Der Künstler muss natürlich danach trachten, dass seine Medienpräsenz mit Qualität gewährleistet ist. Wie zufällig liegt eine Zeitung vom linken Bildrand überschnitten oberhalb der Signatur. Von der Schlagzeile sind nur noch die Buchstaben „LOCKH“ zu lesen. Aber damals zumindest wusste jeder, was damit gemeint war: ein Verweis auf eine der größten Affären politischer Korruption der 1970er-Jahre. Ein Untersuchungsausschuss des US-Senats fand 1975 – 1976 heraus, dass Mitglieder der Geschäftsführung des Flugzeug- und Rüstungsunternehmens Lockheed gewaltige Bestechungssummen an Politiker mehrerer Länder gezahlt hatten. 1976 konnte die Summe von 22 Millionen US-Dollar konkretisiert werden. Vor allem in Italien, Deutschland, den Niederlanden und Japan wuchs sich das zu handfesten Skandalen aus. Was wie eine scheinbare Nebensache hier liegt, ist gleichsam Teil eines Mahnbildes eines Künstlers an die politische Elite, insbesondere, wenn das Bild im Südtiroler Landtag hängt. Das Atelier des Künstlers ist zugleich der Ort, Stellung zu beziehen.
(Markus Neuwirth, Karl Plattner und die Wandgemälde im Südtiroler Landtag, in: Kunst im Südtiroler Landtag, Bozen 2024, S. 94-100.
Material:Holz
Technik:gemalt (Mischtechnik)
Maße:
- Höhe: 69.5 cm
Breite: 99.5 cm
Äußere Beschreibung:Mischtechnik auf Holz
Einrichtung:Kunstsammlungen des Landes Südtirol
Schlagwort:Figürlich